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1 IT-Fachkräfte im Spannungsfeld der Märkte

Arbeitnehmer und Bildungsanbieter im IT-Sektor haben es nicht leicht. Stetig kürzer werdende Technologiezyklen und die hiermit einhergehende Wissenserosion erfordern von Bildungsanbietern eine fundierte und vorausschauende Planung von Bildungsangeboten, um langfristig am Markt bestehen zu können. Auch angehende Absolventen von Studiengängen im Umfeld der Informations- und Kommunikationstechnik machen sich zum Ende ihres Studiengangs vermehrt Gedanken darüber, ob das langjährig aufgebaute Kompetenzprofil den marktseitigen Anforderungen entspricht und damit der anvisierte Traumjob realisierbar ist.

Zwar bescheinigen die einschlägigen Berufsverbände und nicht zuletzt auch zahlreiche politische Akteure die Attraktivität von MINT-Studiengängen sowie deren positive Bildungsrendite. Angesichts der quantitativen Entwicklung offener Stellen für IT-Fachkräfte ist diesem Grundtenor zuzustimmen, allerdings herrscht hinsichtlich der durch Studiengänge und Weiterbildungsangebote vermittelten Kompetenzen und dem Bedarf des Arbeitsmarkts bisweilen ein eklatanter "Mismatch". So verfügen Absolventen einerseits nicht über die geforderten Hard Skills, wie etwa die Beherrschung der marktgängigen Programmiersprachen, Entwicklungsmethoden und Software Engineering-Werkzeuge, die für das jeweils angestrebte Berufsbild prägend sind. Andererseits beklagen Arbeitgeber und Personaldienstleister in zunehmenden Maße deutliche Defizite von Bewerbern in Bezug auf die vielfach noch wichtigeren Soft Skills, die für die erfolgreiche Mitarbeit in multinationalen, interkulturell geprägten Entwicklungsteams mittlerweile ausschlaggebend sind.

Die Gründe für Bildungsangebote, die an den dynamischen Marktanforderungen des IT-Sektors scheitern, sind sicherlich vielfältig. In der aktuellen Diskussion um die Ausgestaltung des lebensbegleitenden Lernens durch passgenaue Angebote der quartären Bildung wird dabei hervorgehoben, dass vielfach keine Analyse der geforderten Kompetenzprofile des jeweiligen Berufsbilds erfolgt. Um diesem Problem der mangelnden Bildungsbedarfsanalyse zu begegnen, wurde an der Hochschule für Telekommunikation Leipzig (HfTL), die sich in Trägerschaft der Deutsche Telekom AG befindet, in Zusammenarbeit mit der IBM Academic Initiative ein innovatives Analyseinstrument entwickelt. Mit diesem Instrument, dem IT-KompetenzBarometer, werden Stellenanzeigen, die von den führenden Jobportalen online vorgehalten werden, kontinuierlich ausgelesen und mithilfe von Text Mining-Methoden untersucht (s. unten: Job Mining als methodische Grundlage des IT-KompetenzBarometers). Im Gegensatz zu den üblichen Arbeitsmarktstudien im IT-Sektor, die nur Auskunft über die quantitative Entwicklung von Stellen liefern, steht dabei die Gewinnung solcher Informationen im Vordergrund, die differenzierte Auskunft über die qualitativen Kompetenzanforderungen bestimmter Berufsbilder liefern. Auf diese Weise wird eine Informationsgrundlage geschaffen, um marktrelevante Bildungsthemen und Trends frühzeitig zu identifizieren, sodass Aus- und Weiterbildungsangebote erfolgreich gestaltet und weiterentwickelt werden können (s. unten: Management Summary).

Dieser Beitrag stellt zentrale Ergebnisse vor, die mithilfe des IT-KompetenzBarometers gewonnen werden konnten. Zu diesem Zweck werden in einem ersten Schritt typische Fragestellungen vorgestellt, die für Bildungsakteure im IT-Sektor relevant sind, sowie die empirische Basis skizziert, die mithilfe des Instruments untersucht wurde. Anschließend widmen sich die Verfasser der Darstellung und Interpretation ausgewählter Analyseergebnisse, die detaillierte Erkenntnisse über wichtige Berufsbilder von IT-Fachkräften liefern. Der Beitrag schließt mit einer kritischen Reflektion und einem Ausblick auf weiterführende Analysepotenziale.

2 Zentrale Fragestellungen

Die Notwendigkeit zur frühzeitigen Erkennung relevanter Bildungsthemen und deren Umsetzung in Form von Bildungsprodukten und -dienstleistungen bilden den Impuls für die Entwicklung des IT-KompetenzBarometers. Der IT-Bereich weist eine hohe Entwicklungsdynamik im Bereich der Qualifikationsanforderungen an Arbeitnehmer auf. Bildungsanbieter, wie z.B. Hochschulen, stehen der Aufgabe gegenüber zeitgemäße Curricula anzubieten und den Absolventen ein fachliches Wissensfundament zur Beschäftigungsbefähigung zu vermitteln, wodurch die Identifikation aktueller und nachhaltiger Bildungsthemen weiter an Brisanz gewinnt.

Zentrale Fragestellungen, die bei der Gestaltung des IT-KompetenzBarometers im Vordergrund standen, bestehen in Bezug auf die Analysedimensionen Branchen, Fachrichtungen, Berufsfelder und Hot Topics (vgl. Abbildung 1). Die Fragestellung nach der Branche der stellenausschreibenden Unternehmen sucht nach Hinweisen darauf, welche volkswirtschaftlich relevanten Branchen bzw. Sektoren den größten Bedarf nach IT-Fachkräften aufweisen. Der in Stellenanzeigen artikulierte Bedarf nach IT-Fachkräften umfasst üblicherweise auch den gesuchten akademischen Abschluss (Fachrichtung) des künftigen Arbeitnehmers (z.B. Informatik, Nachrichtentechnik), der insbesondere für die Anbieter tertiärer Bildungsangebote (z.B. Universitäten und Fachhochschulen) von Interesse ist. Weiterhin ist der Fragestellung nachgegangen worden, für welche konkreten Berufsfelder (z.B. Entwickler) IT-Fachkräfte gesucht werden und welche Kompetenzen diese mitbringen sollten. Als Hot Topics werden hingegen solche Themenfelder bezeichnet, die die aktuelle Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien deutlich prägen. Hierbei ist interessant, welche Branchen, Berufsfelder und Regionen für dieses Themenfeld charakteristisch sind.

Branchen

Fachrichtungen

Berufsfelder

Hot Topics

  • Wie verteilen sich die Stellenanzeigen auf unterschiedliche Branchen?

  • In welcher Branche existieren die größten Potenziale?

  • Welche Fachrichtungen bzw. akademische Abschlüsse sind am Markt gefragt?

  • Existieren übergreifende Kompetenzanforderungen?

  • Welche Kompetenzen werden für zentrale IT-Berufsfelder nachgefragt?

  • Existieren übergreifende Kompetenzanforderungen?

  • Ergebnisse zur Analyse eines Hot Topics: Welche Branchen, Berufsfelder, Standorte?

Abbildung 1 Fragestellungen


Im Folgenden wird zunächst die Datengrundlage erläutert, die zur Beantwortung der skizzierten Fragestellungen herangezogen wurde.

3 Datengrundlage

Die empirische Basis des IT-KompetenzBarometers bilden veröffentlichte Stellenanzeigen in Jobportalen. Zur Gewinnung dieser Datengrundlage wurden sechs führende Jobportale ausgewählt, in denen schwerpunktmäßig Stellenanzeigen für IT-Fachkräfte publiziert werden. Hierzu gehören die Portale Jobpilot und Stepstone, als auch spezifischere Portale wie FAZ-Job, ITJobBoard und Xing. Darüber hinaus wurde auch das Jobportal der Deutschen Telekom AG als ein führendes Unternehmen der ITK-Branche aufgenommen.

Zur Extraktion der Stellenanzeigen aus den Jobportalen wurde auf die Technik des Screen Scraping zurückgegriffen. Auf diese Weise konnten unterschiedliche Angaben zu einzelnen Stellenanzeigen gewonnen werden:

  • das ausschreibende Unternehmen einschließlich dessen Branche,

  • das Berufsfeld der Stellenanzeige (z.B. Entwickler, Analyst),

  • die Tätigkeiten und Kompetenzanforderungen, die vom Unternehmen gesucht werden, sowie

  • Angaben zum Einsatzort und zu weiteren Karrierechancen.

Diese Angaben sind über einen Zeitraum von vier Kalendermonaten (Juni-September 2012) kontinuierlich gesammelt und in einem Analysedatenbestand zusammengeführt worden, sodass schließlich mehr als 40.000 Stellenanzeigen zur Auswertung vorlagen. Diese empirische Basis bezieht sich auf Unternehmen verschiedener Branchen, sodass grundsätzliche Aussagen über die Nachfragesituation getroffen werden können und auch Querschnittsbetrachtungen möglich sind. Zu diesen Branchen gehören die Bereiche Personaldienstleistungen, IT und Telekommunikation, Automotive-Aeronautics-Engineering (einschließlich Zulieferer), Consulting und Handel.

4 Ergebnisse des IT-KompetenzBarometers

4.1 Verteilung der Stellenanzeigen auf Jobportale

Abbildung 2 Verteilung auf Jobportale

Abbildung 2 stellt die Verteilung der Stellenanzeigen auf die Jobportale dar. Es ist deutlich erkennbar, dass die Jobportale ITJobBoard (63%), Jobpilot (17%) und Stepstone (16%) dominieren. FAZJob, Xing und das Jobportal der Deutschen Telekom AG können als Nischenangebote betrachtet werden, die spezialisierte Anforderungen abdecken (z.B. konzernspezifische Anforderungen). Die drei großen Jobportale besitzen ein breites fachliches Spektrum und verfügen über eine hohe Akzeptanz bei den Unternehmen

4.2 Branchenverteilung

Abbildung 3 Branchenverteilung

Die Untersuchung der Branchen ermöglicht eine sektorale Differenzierung der Stellenanzeigen. Dazu ist in Abbildung 3 die Verteilung der Stellenanzeigen auf unterschiedliche Branchen dargestellt.

Deutlich zu erkennen ist, dass 76% der Stellenanzeigen von Personaldienstleistungsunternehmen ausgeschrieben werden. Es ist davon auszugehen, dass der Großteil dieser Stellenanzeigen Ausschreibungen für Dritte darstellt. Es ist allerdings nicht möglich eine differenziertere Branchenzuordnung durchzuführen, da das beauftragende Unternehmen nahezu regelmäßig nicht explizit genannt wird. Aus diesem Grund werden Stellenanzeigen, die durch Personaldienstleiter veröffentlicht werden, einer separaten Branche zugeordnet.

Anhand der Abbildung wird deutlich, dass ca. ¾ der IT-Stellen über Personaldienstleistungsunternehmen ausgeschrieben werden und nicht vom suchenden Unternehmen über eine Direktsuche.

4.3 Fachrichtungen

Abbildung 4 Fachrichtungen

Die Frage nach geforderten Fachrichtungen von IT-Fachkräften wird durch Abbildung 4 beantwortet. Es zeigt sich eine Dominanz der Fachrichtungen Informatik (53%) sowie Wirtschaftsinformatik (28%), wobei darauf zu achten ist, dass es häufig zu doppelten Nennungen von Fachrichtungen in einer Stellenanzeige kommen kann (z.B. "Sie haben Wirtschaftsinformatik/Informatik studiert").

Diese Verteilung kann als Indikator dafür interpretiert werden, dass sich der früher stark ingenieurmäßig fokussierte ITK-Sektor in einem Transformationsprozess befindet und sich die Kompetenzprofile der Mitarbeiter in Richtung Informatik verschieben.

4.4 Berufsfelder

Abbildung 5 Berufsfelder

Durch die Analyse der Stellenanzeigen wurde festgestellt, dass ca. 50% der Vakanzen (n=21.850) auf vier zentrale Berufsfelder entfallen. Zu diesen führenden Berufsfeldern zählen der Entwickler, der Berater, der Analyst und der Architekt/Designer, wobei in einzelnen Stellenanzeigen auch doppelte Zuordnungen auftreten können (z.B.: „Wir suchen einen Software-Entwickler/Software-Architekten“). Die prozentuale Verteilung für diese vier Berufsfelder wird in Abbildung 5 dargestellt.

Dabei wird deutlich, dass ein Großteil der Stellenanzeigen Berater- (41%) oder Entwickler-Positionen (42%) betreffen, was sich mit den Erwartungen bezüglich der aktuellen Marktsituation deckt.

Für diese Berufsfelder sind detaillierte Kompetenzprofile abgeleitet worden, aus denen Anforderungen in Bezug auf konzeptionelle und methodische Kompetenzen, Sprachen und auch weiche Faktoren wie etwa soziale und berufliche Fähigkeiten hervorgehen.

Diese Kompetenzprofile werden im Folgenden für die Berufsfelder Berater, Entwickler und Analyst vorgestellt.

4.5 Konzeptionelle und methodische Kompetenzen

Abbildung 6 Kompetenzanforderungen im Bereich Konzepte & Methoden

Konzeptionelle und methodische Kompetenzen umfassen solche Bildungsthemen, die das längerfristig gültige Konzeptwissen aus informatikorientierten Fachdisziplinen reflektieren (z.B. serviceorientierte Architekturen, SOA). Die am häufigsten geforderten Kompetenzen aus diesem Bereich werden in Abbildung 6 für die drei ausgewählten Berufsfelder dargestellt (Top7-Themen). Besonders deutlich zeigt sich die Präsenz des Schlüsselworts IT-Services. Im Allgemeinen werden unter diesem Begriff Leistungen aus den Bereichen Outsourcing, Schulung, Rechenzentrum/IT-Center, Software- und Application Management, Prozessmanagement und auch Systemintegration zusammengefasst. Wie deutlich wird, besitzt dieses Themenfeld in sämtlichen drei Berufsfeldern einen hohen Stellenwert, und dominiert das Tätigkeitsfeld von Entwicklern (31%) sowie Beratern (14%).

Weitere gemeinsame Schlüsselworte in den Berufsfeldern sind Projektmanagement und ERP, die beide jedoch eine geringere Bedeutung aufweisen. Für die Berufsfelder Berater und Analyst weist das Thema Business Intelligence zusätzlich signifikante Anteile auf (Berater: 13% und Analyst: 48%). UML-Kenntnisse sind bei Entwicklern (5%) gefragt. Diese Sachverhalte lassen sich mit den Aufgabengebieten der jeweiligen Berufsfelder erklären, zeigen aber auch, dass ein großer Bedarf existiert.

4.6 Sprachliche Kompetenzen

Abbildung 7 Kompetenzanforderungen im Bereich Sprachen

Der Bereich der sprachlichen Kompetenzen umfasst Programmiersprachen (z.B. Java), Datenabfragesprachen (z.B. SQL) und Auszeichnungssprachen (z.B. HTML). Abbildung 7 stellt das Kompetenzprofil Sprachen für die drei Berufsfelder dar (Top7-Sprachen). Die Ergebnisse zeichnen dabei ein uneinheitliches Bild. Während Entwickler und zum Teil auch Analysten breit gefächert aufgestellt sein sollten, dominiert bei Beratern die Sprache ABAP (14%). Grundsätzlich zeigt sich, dass Java, Java Enterprise, aber auch SQL gefragt sind. Für das Berufsfeld Entwickler beziehen sich 31% der Stellenanzeigen auf Java, während SQL (19%) und C++ (17%) folgen. Die breite Fächerung der sprachlichen Anforderungen zeigt sich hier besonders stark, da auch der siebte Rang (.Net) 14% der Stellenanzeigen abdeckt. Für Analysten sind die Sprachen SQL (10%), Java (9%) sowie ABAP (8%) wichtige Kompetenzbausteine.

Das technisch orientierte Berufsfeld der Entwickler weist im Vergleich zu den eher betriebswirtschaftlich ausgerichteten Feldern (Berater und Analysten) unterschiedliche Anforderungen auf. Auch die Verteilung innerhalb der Top7 des jeweiligen Berufsfelds lässt auf das schwerpunktmäßige berufliche Aufgabengebiet schließen. Während bei Entwicklern klar die weitverbreiteten Software-Plattformen (Java und .NET) dominieren, stehen bei Beratern und Analysten spezialisierte Sprachen (ABAP und SQL) im Vordergrund.

4.7 Soziale Kompetenzen

Abbildung 8 Anforderungen zu sozialen Kompetenzen

Zum Bereich der sozialen Kompetenzen zählen solche Fähigkeiten, die zur Interaktion mit relevanten Akteuren des Tätigkeitsumfelds erforderlich sind und häufig unter dem Begriff der Soft Skills zusammengefasst werden. Die Analyse der Kompetenzanforderungen in diesem Bereich zeichnet grundsätzlich ein relativ einheitliches Bild, wie Abbildung 8 entnommen werden kann (Top7 Soziale Kompetenzen).

Über sämtliche Berufsfelder hinweg wird von den Bewerbern Verantwortung und Teamfähigkeit gefordert. Dabei tritt der Begriff der Teamfähigkeit mit relativen Häufigkeiten zwischen 8% und 18% in den Stellenanzeigen auf, während es beim Schlüsselwort Verantwortung zwischen 16% und 20% sind. Auf den weiteren Plätzen befinden sich berufsfeldübergreifend: Kommunikationsfähigkeit, Begeisterung, Motivation aber auch Kooperationsbereitschaft. Hervorzuheben ist, dass für Entwickler - im Gegensatz zu den übrigen Berufsfeldern - Teamfähigkeit die wichtigste soziale Kompetenz zu sein scheint.

Grundsätzlich zeigen die Ergebnisse, dass die Unternehmen verantwortungsbewusste, teamfähige und kommunikative Mitarbeiter suchen, die aber auch motiviert und begeistert agieren können.

4.8 Berufliche Kompetenzen

Während bei den sozialen Kompetenzen anteilig geringere Anforderungen bestehen, sind die Unternehmen bezüglich der beruflichen Anforderungen an ihre zukünftigen Mitarbeiter deutlicher. Die Ergebnisse zeigen, dass die Globalisierung des IT-Sektors weit vorangeschritten ist. Über alle Berufsfelder hinweg werden Englischkenntnisse von den Bewerbern gefordert (43% bis 50%). An zweiter Stelle steht das Schlüsselwort Berufserfahrung (26% bis 31%). Über die weiteren Plätze zeichnet sich ein uneinheitliches Bild. Allerdings sind für die Unternehmen weiterhin in allen Berufsfeldern auch Reisebereitschaft (3% bis 21%), Deutschkenntnisse (4% bis 10%) und die Kundenorientierung (2% bis 5%) der Bewerber wichtig. Es ist hervorzuheben, dass in nur 5% der Stellenanzeigen für Berater das Schlüsselwort Kundenorientierung enthalten ist. Ein Grund hierfür könnte sein, dass implizit davon ausgegangen wird, dass Berater kundenorientiert arbeiten. Ein ähnliches Verhalten lässt sich bei den Entwicklern bezüglich der Kenntnisse zur Programmierung feststellen (4%).

4.9 Hot Topics

Die Analyse aktueller Themen (Hot Topics) im IT-Sektor dient der frühzeitigen Identifikation technologischer Trends und technoökonomischer Transformationsprozesse von Unternehmen. An dieser Stelle wird dazu exemplarisch das aktuelle Hot Topic Mobile Computing vorgestellt.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmen, die Stellen im Umfeld des Mobile Computing ausschreiben, hauptsächlich Entwicklerpositionen zu besetzen haben (59%). Weitere 29% entfallen auf Analysten bzw. 8% auf Berater. Bezüglich der Fachrichtungen lässt sich hier feststellen, dass 40% der Stellenanzeigen für Informatiker ausgeschrieben sind, während die Anteile der weiteren Fachrichtungen jeweils deutlich geringer ausfallen (kleiner als 12%). Weiterhin ist interessant, dass abgesehen von Personaldienstleistungsunternehmen (64%) auch Unternehmen aus den Branchen IT und Telekommunikation (18%) und Automotive Aeronautics Engineering (12%) einen deutlichen Bedarf in diesem Bereich aufweisen.

Mithilfe des IT-KompetenzBarometers konnten für dieses Hot Topic auch führende Kompetenzregionen identifiziert werden. 21% der Stellenanzeigen beziehen sich auf den Standort Berlin bzw. 17% auf den Standort München.

5 Fazit

Die dargestellten Ergebnisse machen deutlich, dass die Analyse von Stellenanzeigen für IT-Fachkräfte interessante Einblicke in die gesuchten Abschlüsse, Berufsbilder und Kompetenzen gewonnen werden können. Für die Anbieter von Bildungsprodukten und -dienstleistungen erweist sich insbesondere die Möglichkeit zur Analyse der geforderten Kompetenzprofile spezifischer Berufsfelder als vorteilhaft. Dadurch können konkrete Anhaltspunkte für die marktorientierte Aus-, Um- oder Neugestaltung von Bildungsangeboten (z.B. Studiengänge oder Weiterbildungsangebote) generiert werden, so dass ein informatorischer Beitrag zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit geliefert wird. Dabei bietet sich nicht nur die Möglichkeit, Transparenz bezüglich der Hard Skills (z.B. Methoden und Sprachen) herzustellen, sondern vielmehr auch die zunehmend wichtiger werdenden Soft Skills beim Design von Bildungsangeboten angemessen zu berücksichtigen. Dabei ist allerdings hervorzuheben, dass die Stellenanzeigenanalyse lediglich eine Methode darstellt, um Anforderungen an IT-Fachkräfte systematisch zu erheben. Darüber hinaus können Methoden wie Experteninterviews, Workshops, Gruppendiskussionen und Delphi-Studien weitere Anhaltspunkte über die Anforderungen im Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte liefern. Das hier vorgestellte Instrument weist demgegenüber allerdings das Potenzial zur Automatisierung auf, sodass langfristig Kostenvorteile gegenüber alternativen Methoden zu erwarten sind.

Hervorzuheben ist, dass die hier dargestellten Analyseergebnisse sich auf Stellenanzeigen aus den Kalendermonaten von Juni bis September 2012 beziehen. Um zeitliche Entwicklungen und IT-getriebene Trends erkennen und identifizieren zu können, ist die Sammlung der Stellenanzeigen über einen längeren Zeitraum fortzusetzen. Auf diese Weise entsteht die Möglichkeit, längerfristige Aussagen über Veränderungen im IT-Fachkräftemarkt abzuleiten und diese zur Abschätzung des Bildungsbedarfs zu nutzen. Aufgrund der volkswirtschaftlichen Bedeutung dieses spezifischen Arbeitsmarkts wird diese Herausforderung die Weiterentwicklung des IT-KompetenzBarometers nachhaltig prägen.

Management Summary

  • 75% der Stellenanzeigen für IT-Fachkräfte werden über Personaldienstleister veröffentlicht und nicht durch die fachkräftesuchenden Unternehmen selbst.

  • Unternehmen diverser Branchen haben einen Personal- bzw. Kompetenzbedarf im IT-Umfeld.

  • Entwickler und Berater sind momentan stärker nachgefragt als andere Berufsfelder.

  • Die Fachrichtungen Informatik und Wirtschaftsinformatik werden momentan häufiger nachgefragt als beispielsweise Betriebswirtschaftler oder Ingenieure.

Kompetenzprofile

Kategorie

Relevante Kompetenzfelder

Konzepte & Methoden

IT-Services, Business Intelligence, Webservices, UML

Sprachen

Java, ABAP, SQL, Java Enterprise und weitere C-basierte Sprachen

Hersteller & Produkte

SAP, Oracle, Linux

Soziale Kompetenzen

Teamfähigkeit, Verantwortung, Kommunikationsfähigkeit

Persönliche Kompetenzen

Flexibilität, Engagement, Sorgfalt

Berufliche Kompetenzen

Englischkenntnisse, Projektmanagement, Kundenorientierung

  • Die Ergebnisse zu den beruflichen Kompetenzen ergänzen die Aussagen zu den sozialen und persönlichen Kompetenzen. So gehen beispielsweise Reisebereitschaft mit Flexibilität einher, Sprachkenntnisse mit Kommunikationsfähigkeiten und die Projekterfahrung mit Verantwortung und Teamfähigkeit. Mit einer an diese Anforderungen angepassten Ausbildung lassen sich somit auch gezielt persönliche und soziale Kompetenzen aufbauen und vertiefen, die von den Unternehmen nachgefragt werden.

  • Weiterhin konnte festgestellt werden, dass übergreifend Fähigkeiten zur Bürokommunikation und zur Arbeit mit Microsoft Office als Standardsoftwareprodukt gefordert werden. Dies lässt den Schluss zu, dass diese Anforderung nicht ausschließlich die Bedienung der Software meint, sondern vielmehr auch die charakterliche Befähigung mit Kollegen oder Kunden effektiv zu kommunizieren und dabei auch auf entsprechende Hilfsmittel zurückzugreifen.

Berufsfelder

  • Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen den Berufsfeldern Gemeinsamkeiten bei den Anforderungen zu den technologischen Kompetenzfeldern existieren. Aber auch, dass durch die Spezialisierung der Berufsfelder besondere Kenntnisse zu bestimmten Schlüsseltechnologien vorausgesetzt werden.

Berater

Für Berater stellen der Umgang mit IT-Services, Business Intelligence, ABAP und SAP relevante Kompetenzen dar

Entwickler

Entwickler benötigen ebenfalls Kenntnisse zu IT-Services und SAP. Weiterhin sind Oracle, Java, SQL und C++ häufig gefragte fachliche Fähigkeiten.

Analyst

Analysten benötigen Kenntnisse im Bereich Business Intelligence und SAP sowie SQL, ABAP und Java.

Job Mining als methodische Grundlage des IT-KompetenzBarometers

Zur methodischen Fundierung des IT-KompetenzBarometers wurde das Konzept des Job Mining entwickelt, das die beiden Analysekonzepte des Data Mining und des Text Mining integriert. Job Mining stellt pragmatisch die Verbindung zwischen der empirischen Basis, den Stellenanzeigen (engl.: job offers), und dem Analysekonzept, Text Mining, her. Die Zielsetzung besteht in der explorativen Untersuchung der Datenbasis zur Gewinnung interessanter, bislang unbekannter Informationen. Als Auslöser zur Begriffsbildung des Job Mining kann die Benennung weiterer, etablierter Teilgebiete des Data Mining, wie z.B. Web Log Mining oder Web Content Mining, angesehen werden. Die folgende Abbildung zeigt den Ablauf des Job Mining-Prozesses im Überblick.

Abbildung 9 Job Mining Prozess

In der Vorbereitungsphase wird zunächst der Informationsbedarf des Anwenders definiert, und im Anschluss die Datenbasis (Stellenanzeigen bzw. Jobportale) sowie die Methoden des Text Mining festgelegt, die zur Anwendung kommen sollen. Triebfeder ist an dieser Stelle das vereinbarte Projektziel.

Der Vorgang der Extraktion der Stellenanzeigen bildet die Brücke zwischen der Vorbereitungs- und der Kernphase. Dabei werden die Stellenanzeigen mithilfe datenlogistischer Prozesse des Screen Scraping extrahiert und im Anschluss einer Vorverarbeitung zugeführt. Dabei erfolgt eine Filterung, Aufbereitung und Strukturierung der in den Stellenanzeigen enthaltenen Angaben. Die Daten müssen in eine Form gebracht werden, die die Integration in ein Text Mining-System ermöglicht. Für das IT-KompetenzBarometer findet dabei das System IBM Content Analytics 3.0 Anwendung. Mithilfe dieses Systems erfolgt schließlich die linguistische Analyse der Stellenanzeigen, bei der Methoden des Natural Language Processing (NLP) eingesetzt werden. Die Ergebnisse dieser Vorverarbeitung der Stellenanzeigen bilden den Input für die Text Mining-Methoden, deren Ergebnisse anschließend visualisiert werden. Die Interpretation der Ergebnisse ist die abschließende Prozessphase. Auf Basis der Ergebnisse der Visualisierungen bzw. deren Interpretation können Handlungsempfehlungen im Sinne der jeweiligen Zielsetzung artikuliert werden.

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