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1 Ausgangssituation

Der Wandel von der Informations- zur Wissensgesellschaft vollzieht sich in nahezu allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens, so auch im Sektor der öffentlichen Verwaltungen und Behörden. Dahinter verbirgt sich die Intention, dass auf eine veränderte Gesellschaft mit einer daran adaptierten neuen Lehr- und Lernkultur reagiert werden muss. Die Wissensgesellschaft verlangt vom Einzelnen eine neue Wissens- und Lernkultur. Es werden zum einen differenzierte Schlüsselqualifikationen verlangt, zum anderen wird lebenslanges Lernen zur Notwendigkeit (GLOTZ, P. & HAMM, I., 2002, S. 11, NACKE, B. & DOHMEN, G. 1996). Die Auswirkungen der Wissensgesellschaft auf private und berufliche Teilbereiche sind nahezu unvermeidlich. Auch die Behörden sind diesem Wandel in der Lehr- und Lernkultur unterworfen.

2 e-Learning an Behörden

An Behörden und kommunalen Verwaltungen ist der Verbreitungsgrad von Weiterbildungsmaßnahmen über e-Learning noch relativ gering. Eine Studie der BERTELSMANN STIFTUNG (2002) eruierte, dass e-Learning als Form der Weiterbildung in Verwaltungen von etwa zehn Prozent der Kommunen eingesetzt wird (BMWA, 2004, S. 35). ”Betrachtet man den Anteil von e-Learnern in den Verwaltungen (einschließlich Hochschulen und Landesbehörden), so nutzten im Jahr 2004 laut einer Studie vom nordmedia eLearning Kompetenzzentrum Niedersachsen / MMB (2004) rund fünf Prozent aller Angestellten e-Learning.” (BMWA, ebd.). Eine Bestandsaufnahme von IHRINGER (2004) von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften (DHV) Speyer kam zu dem Ergebnis, dass zum Erhebungszeitpunkt 06/2003 lediglich 2% der Entscheidungsträger in Bundes- und Landesverwaltungen e-Learning nutzten.

Um die Einführung von e-Learning in Behörden und Verwaltung voranzutreiben, werden verschiedene Einführungsstrategien aus Literatur und Praxis angeführt. WOLFF & ASSELMEYER (2002) stellen sieben Thesen zur Einführung von e-Learning heraus, auf die bei der Konzeption von e-Learning-Maßnahmen Bezug genommen werden sollte:

  • Eine neue Lernkultur ist Teil der Verwaltungsmodernisierung im ”aktivierenden Staat”
  • Die Einführung des e-Learning muss mit Vorbehalten rechnen
  • Wo möglich sollte man aktuelle Bedarfe aufgreifen, Netzwerke nutzen und Initiativen unterstützen
  • ”Klein und vielfältig” zu beginnen, ist oft besser als ”flächendeckend und standardisiert” zu verordnen
  • Die Einführung neuer Lernformen ist selbst als offener projektförmiger Lernprozess zu organisieren
  • e-Learning ist ein integraler Teil des organisatorischen Wissensmanagements
  • e-Learning braucht Interaktion und Präsenz.

In dem von MAYER & OTT (2005) ausgearbeiteten Leitfaden zum Einsatz von e-Learning bei den Behörden des Freistaates Bayern wird neben allgemeinen strategischen Überlegungen zum Einsatz von e-Learning in Behörden vor allem Wert auf die praktische Umsetzbarkeit von e-Learning, die Integration in die Lernsituation am Arbeitsplatz sowie die Implementation von e-Learning-Maßnahmen in Behörden von Bedarfserkennung bis zur Durchführung abgestellt. Es sollen dabei vier Zielgruppen angesprochen werden, die mit der Einführung von e-Learning in Behörden betraut sind: Behördenleitung, Fortbildungsverantwortliche, Vorgesetzte und Lernende. Wurde bisher in Behörden, denen grundsätzlich ein längeres Innovationstempo unterstellt wird, fast ausschließlich auf face-to-face-Unterricht im klassischen Stil gesetzt, so zeichnet sich in Bayern mit der Bildungsplattform BayLern® ein neuer Trend in der behördlichen Weiterbildung ab.

3 Bildungsplattform BayLern® der Bayerischen Behörden

Mit BayLern® wurde eine e-Learning-Plattform entwickelt, die vor allem in folgenden Bereichen der behördlichen Weiterbildung eingesetzt wird: zur Vermittlung von Hardskill-Themen aus dem Computerbereich wie Word, Excel, PowerPoint, Outlook, Linux, zur Vermittlung von Softskills, die auf den behördlichen Alltag zugeschnitten sind, wie Mitarbeiterführung, Personalbeurteilung, Delegation, effektiver Kommunikation, beispielsweise im Umgang mit schwierigen Anrufen. Behördenspezifische Themen wie Mittelbewirtschaftung oder Reisekostenabrechnung runden das Kursportfolio ab. Derzeit (Stand: 05/2005) sind rund 30 Kurse buchbar, weitere e-Learning- Angebote aus den drei Bereichen sind in der Vorbereitungs- und Entwicklungsphase. Die Entwicklung der Contents steht nicht in der Verantwortung der Betreuer der Bildungsplattform BayLern®; dieser entsteht in den Ressorts der Bayerischen Behörden durch die Aus- und Fortbildungsverantwortlichen.

Die meisten der unter BayLern® laufenden Lehrveranstaltungen sind nach dem Konzept des Blended Learning konzipiert, bei dem zu den Online-Lehr-Lernphasen Präsenztermine integriert werden. Die Blended Learning-Phase vor Beginn des e-Learning-Kurses dient neben der Herstellung eines möglichst homogenen Vorwissensstands der Kursteilnehmer auch dem Kennenlernen von Lernenden, Kursleiter sowie Tutoren. Nach Abschluss der e-Learning-Phase schließt sich eine weitere Blended Learning-Phase an, mit dem Ziel, das erworbene Wissen zu festigen, Leistungsnachweise durchzuführen oder zu besprechen, eventuelle Probleme zu diskutieren, eine Evaluation durchzuführen und den Lernenden, Kursleiter und Tutoren eine zusätzliche Möglichkeit des persönlichen Austauschs zu geben.

Die reine e-Learning-Phase soll demnach für folgende Lernaktivitäten genutzt werden: zur Vor- und Nachbereitung der Präsenzteile, zur schnellen Vermittlung aktueller Informationen, zur prozessorientierten Wissensvermittlung am Arbeitsplatz, als Übungsplattform für die Lernenden, als Kommunikationsplattform zwischen Lernenden, Kursleiter und Tutoren sowie als Wissenspool.

Die Bildungsplattform BayLern® bietet neben der Bereitstellung des technischen know-how durch die Plattform selbst entsprechende Tools an, die das Blended Learning-Konzept ergänzen. Es können je nach Nutzergruppe und Content öffentliche und geschlossene virtuelle Projekträume eingerichtet werden. Im nutzerspezifischen Teamraum kann auf gemeinsames Arbeitsmaterial, etwa Word-Dokumente, PowerPoint-Folien u. ä. zugegriffen werden, wobei diese auch kollaborativ bearbeitet werden sollen. Parallel dazu besteht die Möglichkeit, computerunterstützt Aufgaben und Arbeitsaufträge zu verteilen. Standardmäßig sind in der Bildungsplattform synchrone Kommunikationsmöglichkeiten wie Chatfunktion und Webkonferenz integriert, ebenso können im Forum, in asynchroner Form, Fragen diskutiert werden.

4 Implementierung durch Einbezug aller Beteiligten

Um die Bildungsplattform BayLern® in den einzelnen Behörden des Freistaats Bayern zu verankern, müssen alle potenziell daran Beteiligten in den Implementierungsprozess mit einbezogen werden. Die Behördenleitung soll zusammen mit Personalabteilung und Personalrat begünstigende Rahmenbedingungen für e-Learning schaffen, etwa durch die Einbindung von e-Learning in das Personalentwicklungskonzept, im Idealfall durch die Beauftragung eines e-Learning-Beauftragten oder die Vergabe von Teilnahmezertifikaten. Die Fortbildungsverantwortlichen sollen sich verstärkt mit der Planung und Organisation von e-Learning in Behörden auseinander setzen und sich die für die Einführung von e-Learning erforderlichen Basiskompetenzen aneignen. Die unmittelbar Vorgesetzten der Lernenden sollen sich mit pragmatischen Aspekten von e-Learning wie dem potenziellen Lernbedarf - etwa anhand einer genauen Bedarfsanalyse - und der Vereinbarung von Lernzeiten auseinandersetzen und aufgrund der Bedarfsanalyse begünstigende Bedingungen für den Transfer des Erlernten auf die konkrete Lernsituation am Arbeitsplatz ermöglichen. Die Lernenden selbst müssen auf einen behördenspezifischen e-Learning-Berater für übergeordnete Fragen und auf Tutoren bei kursspezifischen Fragen zurückgreifen können.

5 Ausblick

Im Allgemeinen sind bei der Implementierung von e-Learning in Behörden neben der inhaltlichen und methodisch-didaktischen Aufbereitung von Lerninhalten sowie der technischen Bereitstellung der Contents - hier exemplarisch dargestellt anhand der Bildungsplattform BayLern® - zusätzliche, überwiegend organisatorische Rahmenbedingungen in den Behörden selbst zu schaffen, die nur im Dialog der Bildungsplattformanbieter und in der engen Verzahnung mit Behördenleitung, Fortbildungsverantwortlichen, Vorgesetzten und Lernenden erfolgen können. Die Basis für eine erfolgreiche Kollaboration aller am e-Learning-Prozess Beteiligten kann nur durch eine klare Regelung der Zuständigkeiten innerhalb der Behörde geschaffen werden. Diese Aufgabe zählt ebenso zur Schaffung begünstigender Rahmenbedingungen für e-Learning an Behörden und muss zur inhaltlich-didaktischen, methodischen und technischen Gestaltung noch dazukommen, um den gewünschten Lernerfolg von e-Learning zu gewährleisten.

Literatur

(1) Bertelsmann Stiftung (Hrsg.), Balanced E-Government. Transfer von Informationen. Gütersloh: Bertelsmann, 2002.

(2) BMWA, Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (Hrsg.), E-Learning für Mittelstand und öffentliche Verwaltungen. Ein Leitfaden zur erfolgreichen Nutzung und Produktion moderner E-Learning-Angebote. Dokumentation Nr. 540. Wenigerode: Harzdruckerei, 2004.

(3) Glotz, P.; Hamm, I.: Wirtschaftliche und bildungspolitische Prämissen in Deutschland. In: Bentlage, U.; Glotz, P.; Hamm, I.; Hummel, J. (Hrsg.): E-learning. Märkte, Geschäftsmodelle, Perspektiven. Gütersloh: Bertelsmann, 2002 (pp 11-20).

(4) Ihringer, St.: E-Learning. Strategisches Instrument für Veränderungsprozesse in der Verwaltungspraxis, 2004. Online verfügbar unter: http://www.fah.nrw.de/de/aktuell/veranstaltungshinweise/elearning_pub/E-Learning-Ihringer.pdf (last check: 02.05.2005).

(5) Mayer, J.; Ott, A.: Leitfaden zum Einsatz von e-Learning bei den Behörden des Freistaats Bayern. Bezirksfinanzdirektion Regensburg. Regensburg: BFD, 2005.

(6) Nacke, B.; Dohmen, G. (Hrsg.): Lebenslanges Lernen. Erfahrungen und Anregungen aus Wissenschaft und Praxis. Würzburg: Echter, 2006.

(7) Wolff, St.; Asselmeyer, H.: Konzepte für e-Learning in Behörden, 2002. Online verfügbar unter: http://www.uni-hildesheim.de/media/mos/2_wolff_asselmeyer_vortrag_sw.pdf (last check: 02.05.2005).

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